Johann Elias Ridinger, auch Riedinger (* 15. o. 16. Februar 1695 in Ulm; † 10. April 1767 in Augsburg); bedeutender deutscher Maler und Kupferstecher des 18. Jahrhunderts, der auf dem Gebiet der Jagd- und Wildmotive stilbildend war. Ridinger selbst bezeichnete sich als Maler, obwohl sein Werk größtenteils aus Stichen besteht. Kupferstecher war jedoch kein Künstler, sondern ein Handwerksberuf.
Ridinger lernte ab 1712 bei dem Ulmer Maler Christian Resch. 1716 ging er nach Augsburg zu dem Tiermaler Johann Falch (Johann Falk?). Dort spezialisierte sich Ridinger auf Tierdarstellungen. Weitere Anregungen entnahm er den Werken deutscher und niederländischer Maler wie Aelbert Jacobszoon Cuyp (1620-1691), Nicolaes Pieterszoon Berchem (1620-1683), Paulus Pieterszoon Potter (1625-1654) oder Johann Heinrich Roos (1631-1685). Unter dem Einfluss von Georg Philipp Rugendas (1666-1742) erlernte Ridinger das Kupferstechen. Nach einem Auffendhalt in Regenburg, wo er Pferdestudien an der dortigen Reitschule fertigte, liess er sich 1719 in Augsburg nieder. 1723 übernahm Ridinger eine Kupferstecherwerkstatt und vermarktete seine Werke im Selbstverlag.
Neben Ölbildern (Jagdlandschaft, Tierhatz und Selbstbildnisse) schuf Ridinger mehr als 1.600 graphische Blätter (Radierungen, Kupferstiche und Schabkunstblätter), die, mit kurzen Begleittexten von dem seinerzeit berühmten Dichter Barthold Heinrich Brockes (1680-1747) versehen wurden. Da sie meist als Serien publiziert wurden, besitzen sie einen lehrbuchartiger Charakter, so z.B. die 1729 veröffentlichte Reihe “Vollkommene und gründliche Vorstellungen der vortrefflichen Fürsten=Lust Oder der Edlen Jagdbarkeit“. Die naturalistischen Darstellungen heimischer und exotischer Wildtiere zeigen oft auch deren Trittsiegel. Besonders interessant sind seine Darstellungen der zeitgenössischen Jagdtechniken und die Blätter, auf denen Wildtiere zu sehen sind, die Absonderlichkeiten aufweisen, wie etwa Perückenböcke, veröffentlich in der Reihe “Wundersamten Hirschen” (1735).
Ridingers Werke zeichnen sich durch eine atmosphärische Dichte und Detailreichtum aus. Dies erreicht er durch eine ausführliche Ausarbeitung von Vegetation und Landschaft. Ridingers Bilder und Stiche zeigen aber auch Motive der Mythologie, der Bibel, des Landlebens, galanten Szenen oder der Fabel, z.B. die 1744 erschienene 16 blättrige Reihe “Lehrreiche(n) Fabeln“. Dennoch bildete das zeitgenössische Jagdgeschehen den Schwerpunkt seines Schaffens. Weniger bekannt sind die im Verlag Ridinger erschienenen Vorlagen für Goldschmiedearbeiten. 1759 wurde Ridinger zum Direktor der Stadtakademie Augsburg gewählt.
Ridingers Werk ist durch seinen lehrhaften, z. T. sogar moralisierenden, bildlichen Inhalt und diesen Eindruck unterstützenden schriftlichen Erläuterungen nicht nur ein Beleg für das Tierverständnis und der Jagd im 18. Jahrhundert, darüber hinaus stellt es einen geistesgeschichtlichen Ausdruck zur damals populären Physikotheologie dar. Die Physikotheologie, auch Naturtheologie genannt, verstand die Natur als Teil der Offenbarung Gottes. Eine zwar verschlüsselte Offenbarung, die jedoch durch die korrekte Darstellung der Natur als Bedingung zu deren Erkenntnis, zu verstehen ist. Die Physikotheologie unterstellte somit eine theologische Deutung der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse. Einer der einflussreichsten Vertreter der Physikotheologie war der bereits erwähnte Hamburger Dichter Barthold Heinrich Brockes. Diese theologische Position entstand im 16. jahrhundert und hatte zu Beginn des 18. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreicht. In Folge der Aufklärung wurde sie jedoch zurückgedrängt und Immanuel Kant zeigte in seiner Kritik der Urteilskraft §86 (1790), dass die im Rahmen der Physikotheologie angestrebten Gottesbeweise falsch und unzulässig sind, da sich angeblich alle Beweise auf den (ungültigen) Anselmschen Beweis zurückführen ließen. Die Physikotheologie erlebt in neuerer Zeit eine unerwartete Renaissance in Form des sogenannten Intelligent Design, eine moderne Variante des Kreationismus.
Nach seinem Tod führten die Söhne Martin Elias und Johann Jakob den Kupferstichverlag weiter und verwendeten die alten Platten ihres Vaters für Neuauflagen.
Im Jahre 1856 erschien das erste umfangreiche Werkverzeichnis von Georg August Wilhelm Thienemann, das auch heute noch als eine wissenschaftliche Standardquelle Gültigkeit hat.
siehe auch: Winter, Joseph Georg

Werke

  • Die edle Jagdbarkeit. 18 Kupferstiche (1729), Gütersloh 1961.
  • Wundersamten Hirschen. (1735).
  • Lehrreiche Fabeln. 16 Kupferstiche (1744).
  • Die Parforce-Jagd. (um 1746).
  • Fangarten der wilden Tiere. (1750).
  • Jäger und Falkner. (um 1764).